Vielen Menschen dürfte kaum bewusst sein, welche Auswirkungen des letzten EZB Zinsentscheid die Referenzzinsätze innerhalb der EU auf 0 zu setzen, im Einzelnen auf Bürger, insbesondere Kreditnehmer hat. Im Streit mit den Banken um Kreditzinsen in Zeiten negativer Referenzzinssätze kündigt sich möglicherweise nun eine Wende an. Nachdem der Verein für Konsumenteninformation (VKI) Urteile erwirkt hat, die es Banken verboten, die Zahlung von Negativzinsen an Kreditnehmer generell auszuschließen, hält nun das Bezirksgericht für Handelssachen Wien (BGHS) fest: Der Zinssatz kann nicht ins Negative drehen und nicht auf null fallen! Vielmehr müsste man als Kreditnehmer immer für den
Kredit zahlen, zumindest aber den vereinbarten Aufschlag zum Referenzzinssatz.
Kreditkunde verklagte kreditgebende Bank
Währen der bereits genannte VKI mit seinen Verbandsprozessen erfolgreich gegen das Bankenverhalten Zahlung von Negativzinsen an Kreditkunden zu verweigern, verklagte in Folge ein einzelner Kreditnehmer seine Bank.
Grund für seine Klage war folgender Vorgang: Im Sommer 2015 hatte die Bank angekündigt, dass sie bei der Berechnung der variablen Zinssätze für einen Franken- und einen Eurokredit den Referenzzinssatz mit null ansetzen werde, sollte dieser sich negativ entwickeln. Der vereinbarte Zinsaufschlag auf den gewährten Kredit sei somit in jedem Fall an die Bank zu zahlen. Mit der aktuellen Zinsentwicklung und dem Fakt, das sowohl LIBOR als auch EURIBOR aktuell negativ sind, würde also exakt diese Klausel der Bank nun greifen.
Urteil: Unabhängig der Zinsentwicklung muss ein Kredit immer getilgt werden
In weiser Voraussicht einer in diese Richtung möglichen Entwicklung der Referenzzinssätze reichte der Kunde der Bank eine sogenannte Feststellungsklage ein. Kern der Klageschrift: Die Bank sollte letztlich verpflichtet werden, ihm einen negativen Referenzzinssatz weiter zu verrechnen. So sollte der Aufschlag und damit der Gesamtzinssatz vermindert werden, bis hin zu einer Zahlungspflicht der Bank (Negativzins).
Nun ist diese Feststellungsklage vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien (BGHS) mit recht eindeutigen Worten abgelehnt worden. Das Gericht begründet seine Entscheidung wie folgt: Es sei im Grundsatz ausgeschlossen, dass ein Bankkunde für seinen Kredit nichts zahlen muss oder gar von der Bank etwas für die Kredite verlangen kann. Weil Bank und Kunde beim Vertragsschluss eine negative Entwicklung der Indikatoren nicht vorhergesehen hätten, sei der Vertrag „zu Ende zu denken“.
Wären sich die Parteien bei einem Kreditgeschäft im Klaren gewesen, dass der Referenzzinssatz einen negativen Wert erreichen würde, hätten sie ihn bei null eingefroren, sodass dem Kreditinstitut jedenfalls der Aufschlag bleibt. Redlichen Parteien könne kein Vertrag unterstellt werden, nach dem der negative Referenzwert auch die im Aufschlag enthaltenen Kosten und die Gewinnmarge des Kreditinstituts aufzehren würde (15 C 344/15w). Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Redakteur: Markus Gildemeister
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